Zu langsam, aber die Richtung stimmt
Schon vor mehr als fünf Jahren hat sich eine Gruppe engagierter Bürger*innen zusammengefunden, die die fossile Energieversorgung durch die Stadtwerke Flensburg gründlich unter die Lupe genommen und schließlich auch öffentlich für den Ausstieg aus Kohle und Gas geworben haben. Lange stieß man auf taube Ohren – bis wir uns Ende 2020 dazu entschlossen haben, unser Klimabegehren zu starten. Nach einer kräftezehrenden zweijährigen Kampagne mit über 10.000 gesammelten Unterschriften gab es im Dezember 2022 endlich die langersehnte Entscheidung der Ratsversammlung für Fossilfreiheit 2035. Nun sind erneut fast eineinhalb Jahre vergangen – wo stehen die Stadtwerke heute?
Pläne über Pläne – aber die Umsetzung lässt noch auf sich warten
Als Klimabegehren führen wir die lösungsorientierten Gespräche mit den technischen Verantwortlichen und der Geschäftsführung auf Seiten der Stadtwerke ständig fort. Dabei setzen wir uns vor allem für drei Dinge ein: Erstens die schnellstmögliche Umsetzung der ersten technischen Maßnahmen, zweitens eine angemessene Transparenz über den Fortschritt des Prozesses und drittens achten wir auf die Preisentwicklung der Fernwärme. Die schnellstmögliche Umsetzung lässt aktuell auf sich warten, erst 2027 soll der erste große Schritt gegangen werden. In Puncto Transparenz geben wir uns selbst Mühe, euch auf dem Laufenden zu halten. Beim Thema der Preise für Fernwärme halten wir engen Kontakt mit Aufsichtsrat und politischen Parteien.
Folgende News können wir euch aus dem letzten halben Jahr berichten:
Die Stadtwerke haben beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) einen Antrag auf Bundesförderung für die nötigen Investitionen gestellt. Der Antrag führt den von uns gemeinsam erarbeiteten Maßnahmenplan detailliert fort und soll große Teile der Transformation finanzieren. Aufgrund unseres Bürgerbegehrens sind die Stadtwerke Flensburg unter den ersten Abnehmern des Förderprogramms – einerseits ist das von Vorteil, andererseits laufen hier auch noch nicht alle Prozesse rund. Die Bundesförderung ist vom Haushaltsstreit der Ampel nicht betroffen und wird aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) finanziert.
Die erste größere Maßnahme wird Stand heute der Bau einer großen Wärmepumpe in der Flensburger Förde sein. Obwohl im Maßnahmenplan zunächst zwei kleinere Wärmepumpen angedacht waren, wird aus Kostengründen nun eine Leistung von 60 MWth Leistung angepeilt. Aufgrund langer Planungs- und Genehmigungsprozesse wird die erste Großwärmepumpe erst 2027 in Betrieb gehen und ganzjährig die Grundlast in der Wärmeversorgung übernehmen können. Unsere Forderung, bis 2028 eine Emissionsreduzierung um 50% zu erreichen, werden die Stadtwerke durch diese Investition laut eigener Aussage einhalten. Spätestens 2031 könnte dann eine zweite Wärmepumpe mit ähnlichem Volumen folgen.
Ein größerer Streitpunkt könnte noch der Einsatz von grünem Wasserstoff werden. Konsens in der Wissenschaft ist, dass Wasserstoff sehr teuer und ineffizient ist, wodurch seine Verbrennung maximal zur Abdeckung der Spitzenlast in Frage kommt. Aktuell planen die Stadtwerke aber, größere Mengen davon zu verbrennen, als uns lieb ist. Die hohen Kosten müssten dann die Kund*innen zahlen – das wollen wir verhindern! Stattdessen halten wir (saisonale) Wärmespeicher für eine sinnvollere und wirtschaftlichere Lösung.
Im Dezember 2023 hat das erste Mal das von uns eingeforderte Expert*innengremium getagt. Wir begrüßen diesen Schritt und sind gleichzeitig sehr verärgert darüber, dass in das Gremium ausschließlich Männer berufen wurden. Wir fordern die Stadtwerke dazu auf, bei den nächsten Sitzungen auf eine geschlechtergerechte Besetzung zu achten.
Zwischenzeitlich hat die Firma Nordschrott öffentlich ihre Idee vorgestellt, in Flensburg eine thermische Verwertungsanlage für Restmüll (=Müllverbrennung) zu bauen. Es handelt sich um die restlichen Müllanteile, die nach Aussortieren und Recycling der geeigneten Anteile nicht weiter verwertbar sind und derzeit in Hamburg und Randers (Dänemark) verbrannt werden. Die dort entstehende Abwärme könnte (so der Plan) in das Fernwärmenetz eingespeist werden. Auch bei der Verbrennung von Müll werden klimaschädliche Gase ausgestoßen. Die Nutzung der in der Anlage entstehenden Wärme können wir daher nicht gutheißen, sondern aktuell lediglich dulden, wir haben der Firma allerdings vorgeschlagen, keine klassische Verbrennung mit CO2-Emissionen zu machen, sondern zu prüfen, ob nicht die sogenannte „Pyrolyse“ ein besserer und machbarer Weg wäre. Dabei entsteht kein CO2, sondern Wasserstoff und nutzbarer Kohlenstoff sowie weit weniger Schadstoffe. Müll ist jedoch nicht unvermeidbar – zuallererst sollten wir als Gesellschaft unsere Müllproduktion reduzieren. Langfristig wünschen wir uns eine funktionierende Kreislaufwirtschaft, in der Müll nur noch in Ausnahmefällen verbrannt werden muss.
Bleib up-to-date! Alle Informationen zum Transformationsprozess und unserer Einordnung findest du in unserem Monitoring.